Der Winter steht vor der Tür, die Tage werden kürzer und dunkler und die Möglichkeiten, tagsüber zu fotografieren immer schlechter... Was kann man also in dieser tristen Zeit des Jahres tun? Langzeitbelichtungen!
Hier ein kurzer Guide mit unseren Erfahrungen dazu:
Was sind Langzeitbelichtungen?
Wenn Belichtungszeiten länger als eine Sekunde sind, sprechen wir von Langzeitbelichtungen. Dazu benötigt man ein Stativ um scharfe Bilder zu machen, mit dem Effekt, dass statische Objekte scharf aussehen und alle sich bewegenden Elemente unscharf werden. Das ist der Charme und der Look von Langzeitbelichtungen - man kann die Zeit sichtbar machen. Das kann man entweder bei Tag mit ND-Filtern oder bei Nacht tun. Nachts erhält man je nach Lichtquelle (Mond, Straßenlampe, Autoscheinwerfer, anderes Kunstlicht) auch verrückte Schatten und Lichteffekte.
--> Surreale Beleuchtung und Schatten, verschwommener Rauch - lange Belichtungen haben einen gewissen Reiz!
(Ilford Fp4 120 in ars-imago FE entwickelt, gedruckt auf Ilford Deluxe Papier mit ars-imago PE)
Was braucht es für Langzeitbelichtungen?
Eine Kamera:
Man benötigt eine Kamera die über Bulb-Mode (B am Zeitwahlrad) verfügt, um den Verschluss beliebig lange offen lassen zu können. Es ist auch besser, wenn der Kameraverschluss mechanisch ist, weil sich sonst die Batterie sehr schnell entleert... Autofokus funktioniert in der Nacht meistens, manueller Fokus ist sicher einfacher.
Stativ:
Ein stabiles Stativ ist das wohl nützlichste Werkzeug für erfolgreiche Langzeitbelichtungen. Inklusive eines Drahtauslösers.
Sehr wenig Licht / ND-Filter:
Um lange Belichtungszeiten zu machen, muss - wie bei Nacht - sehr wenig Licht auf den Film kommen. Man kann auch tagsüber Langzeitbelichtungen machen, dazu braucht es aber ND-Filter vor dem Objektiv.
Auswahl des Filmes:
Bei der Auswahl des Filmes bist du ganz frei, Farbe oder Schwarzweiß, was immer du bevorzugst. Für farbige Inspiration schaue dir die Arbeiten von Todd Hido oder Peter Bialobrzeski an, für schwarzweisse Bilder schau dir die leeren Kinosäle von Hiroshi Sugimotos oder diverse Arbeiten von Michael Kenna an, wie beispielsweise "Barge Passing" in Paris.
--> Sternspuren während einer 15min Belichtung (Acros 120 in Rodinal entwickelt, Negativ-Scan)
Kenne deinen Film (Schwarzschildeffekt):
Dies ist wahrscheinlich der wichtigste Teil um dein Bild korrekt zu belichten bei langen Belichtungszeiten. Das Problem bei Langzeitbelichtungen ist, dass analoger Film, der über längere Zeit sehr wenig Licht ausgesetzt ist seine Empfindlichkeit (ISO-Empfindlichkeit) mit zunehmender Zeit verliert. Dies variiert zwischen verschiedenen Filmmaterialien und kann einen grossen Einfluss auf die korrekte Belichtung haben. Man nennt dies Schwarzschildeffekt (oder "reciprocity failure" in englisch). Die meisten Filmhersteller geben die Belichtungskorrekturen auf ihrem Datenblatt an. Ilford zum Beispiel hat eine sehr einfache Methode zur Berechnung der korrekten Belichtung: Jeder ihrer Filme hat einen individuellen Faktor, aus dem die korrekte Belichtungszeiten nach folgender Formel berechnet werden kann:
Wenn wir die Belichtung für Hp5+ bei 10 Sekunden messen, muss die Belichtungszeit nach dieser Formel verdoppelt werden:
Nicht alle Filme sind so einfach und gut dokumentiert. Wenn kein schlüssiges Datenblatt deines Lieblingsfilms auffindbar ist, gibt es online in verschiedenen Fotografie-Blogs und Foren viele Informationen - oder fragen einfach uns, wir helfen dir gerne weiter!
Belichtungsmesser:
Man braucht nicht unbedingt einen professionellen Belichtungsmesser. Verwende den Belichtungsmesser in diner Kamera oder eine App auf dem Smartphone.
Kreative Ideen rund um Langzeitbelichtungen
- Blitzen: Nutze einen Blitz während der langen Belichtungszeit - einmal , mehrmals, tobe dich aus! Schau mal, wie Nick Carver dies im Video macht, bei 12:30 min: hier.
- Lichtmalerei: Nimm eine Taschenlampe oder ein anderes Licht und male damit währen der langen Belichtungszeit, wie wir es in unserer Dunkelkammer gemacht haben (auf Polaroidfilm):
Weiterführende Links
- Film
- Kameras
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